Erster Erfurter Gedenktag für die Opfer Rechter Gewalt am 18. Oktober 2025

Erinnern heisst handeln | Domplatz Erfurt | 18.10.2025 | 12 – 20 Uhr

Am 18. Oktober 2025 findet in Erfurt erstmals ein offizieller Gedenktag für die Opfer rechter Gewalt statt. Von 12 bis 20 Uhr laden die Veranstaltenden auf den Domplatz ein. Geplant sind Podiumsdiskussionen, Workshops und Infostände, dazu Angebote für Begegnung und Austausch. Essen und Getränke stehen gegen eine kleine Spende bereit.

Hintergrund

Seit 1990 starben in Erfurt mindestens drei Menschen durch rechte Gewalttaten:

Heinz Mädel (58), wurde 1990 homofeindlich beleidigt, attackiert und so schwer verletzt, dass er wenige Tage später verstarb.

Ireneusz Szyderski (24), ein polnischer Erntehelfer, wurde 1992 aus rassistischen Motiven von Neonazis brutal misshandelt und starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

Hartmut Balzke (48), wurde 2003 bei einem Angriff von Neonazis so schwer verletzt, dass er zwei Tage später im Krankenhaus starb.

Sie stehen stellvertretend für zahlreiche Menschen, die bis heute aus Motiven gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Gewalt, Bedrohungen und Ausgrenzung erfahren. Nach Recherchen von ezra, der Thüringer Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt gibt es in Thüringen seit 1990 mindestens zwölf Todesopfer rechter Gewalt. Staatlich anerkannt ist bislang nur eine Person. Eine solche staatliche Anerkennung bedeutet, gesellschaftliche Verantwortung für die rechten Gewalttaten, Tötungen und Morde zu übernehmen.

„Dass die Stadt Erfurt den Gedenktag an die Opfer rechter Gewalt unterstützt, ist ein erstes wichtiges Signal an (potenziell) Betroffene, Angehörige und die Stadtgesellschaft insgesamt. Ein offizielles, würdiges Gedenken trägt zur gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme bei“, erklärt Elena Kiesel von Blinde Flecken e.V. Erfurt. „Dieser Tag ist eine Errungenschaft von Gedenkinitiativen, Selbstorganisationen und Zivilgesellschaft, die seit Jahren für mehr öffentliches Bewusstsein für Betroffene rechter Gewalt kämpfen“, so Elena Kiesel weiter.

Andreas Horn, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt, erklärt: „Mit diesem Gedenktag setzen wir in Erfurt erstmals ein sichtbares Zeichen für die Erinnerung an die Opfer rechter Gewalt und geben ihrem Schicksal einen festen Platz im öffentlichen Bewusstsein unserer Stadt. Erinnerung bedeutet für uns auch Verantwortung – für ein demokratisches und weltoffenes Erfurt."

Programm und Themenschwerpunkte

  • 12 Uhr: Begrüßung und Gedenken

  • 13 Uhr: Ehemalige Vertragsarbeitende in Erfurt – eine Perspektive auf Zeitzeug*innenarbeit (Migranetz, ISD und Decolonize Erfurt)

  • 14 Uhr: Staatliche Anerkennung von Todesopfern rechter Gewalt – Folgen für Hinterbliebene und Herausforderungen im Prozess (ezra)

  • 16 Uhr: Erinnern heißt verändern. Stimmen gegen das Vergessen. (LaFit, LIGA Selbstvertretung)

  • 17.30 Uhr: Queere Erinnerungskultur und Gewaltkontinuitäten – vom Nationalsozialismus bis in die Gegenwart (QueerWeg e.V.)

  • Infostände verschiedener Organisationen

Der Gedenktag will nicht nur an die Opfer erinnern, sondern deutlich machen, dass rechte Gewalt kein Randthema ist und eine akute gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellt. Die Lage ist ernst - 2024 verzeichnete ezra mit über 200 rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen einen Höchststand. Diese Entwicklung macht deutlich, dass rechte Ideologien und Gewalt in Thüringen eine reale Bedrohung darstellen.

Bei Fragen und Rückmeldungen wenden Sie sich bitte an:

Elena Kiesel, per Mail an: elena.kiesel@blindeflecken.com

Theresa Lauß, ezra-Beraterin, per Mail an: theresa.lauss@ezra.de


Das vollständige Programm und weitere Informationen finden Sie hier: www.blindeflecken.com

Veranstaltende

Blinde Flecken e.V. Erfurt engagiert sich insbesondere in der Erforschung und der Darstellung von menschenfeindlicher Gewalt und ihrer Wechselwirkung mit der Gesellschaft. Wir stärken die Perspektive von marginalisierten Gruppen indem wir nicht über, sondern mit betroffenen Menschen sprechen. Ein wesentlicher Kern der Arbeit des Vereins stellt dabei das jährliche Gedenken an die drei Todesopfer rechter Gewalt in Erfurt Heinz Mädel, Ireneusz Szyderski und Hartmut Balzke dar. Wir bieten historisch-politische Bildungsarbeit zur Aufklärung und Aufarbeitung rechter Gewalt an.

ezra unterstützt seit April 2011 Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“. ezra arbeitet in Trägerschaft des re:solut e.V. (Rundum engagiert: solidarische Unterstützung in Thüringen e.V.), einem selbstständigen Werk der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM)

Das DGB-Bildungswerk Thüringen e.V. (bwt) ist ein gemeinnütziger Verein und anerkannter Träger der Erwachsenenbildung in Thüringen. Gegründet wurde das bwt im Jahre 1990 von engagierten Bildungsarbeiter*innen.

Der Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Thüringen e. V. setzt sich für die Belange von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter*, nicht-binären und anderen queeren Menschen (LSBTIQ*) in Thüringen ein. Mit verschiedenen Projekten und Veranstaltungen tragen wir zu mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz für LSBTIQ* in Thüringen bei.

Der Landesverband der Migrant*innenorganisationen – MigraNetz Thüringen e.V. (MNT) wurde im Jahre 2015 gegründet und vertritt die politischen, sozialen und kulturellen Interessen von derzeit 70 Mitgliedsorganisationen aus Migrant*innenorganisationen sowie der kommunalen Migrations-, Integrations- und Ausländerbeiräte im Freistaat Thüringen. Insgesamt repräsentiert MNT mehr als 3.000 Einzelmitglieder aus den vielfältigen Communities. MNT ist ein transnationaler, heterogener und multiethnischer Verband von Menschen aus mehr als 100 Herkunftsländern.

Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) wurde 1985 ins Leben gerufen und ist inzwischen eine der ältesten Selbstorganisation von und für Schwarze Menschen in Deutschland. Sie setzt sich für die Rechte und die politische Partizipation Schwarzer Menschen ein und kämpft gegen jede Form von institutionellem und strukturellem Rassismus. Ebenso treten wir für eine umfassende Aufarbeitung der deutschen bzw. europäischen Kolonialgeschichte. 2001 wurde ISD Bund e.V. als Dachverband für alle lokalen ISD Gruppen gegründet und fungiert seitdem als Netzwerkverbund. 

Die LIGA der politischen Interessen- und Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen in Thüringen e.V. und der Dachverband der Selbstvertretungs-Organisationen von Menschen mit Behinderungen in Thüringen. Als Ansprechpartner*in von Menschen mit Behinderungen in Thüringen, aber auch von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit begleiten wir als Expert:innen in eigener Sache die Umsetzung der UN-BRK und des Bundesteilhabegesetzes in Thüringen. Wir möchten die Stimme der Verbände behinderter Menschen mit unserem Handeln stärken.

Der Landesverband für Frauen mit Behinderung in Thüringen (LaFiT) ist die politische Interessenvertretung von und für Frauen mit Behinderung. Der Verband setzt sich für die Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und für die Umsetzung der UN-BRK in Thüringen ein.